In der vierzehnten Episode vom Elektroauto Supertest vom 27. April 2022 auf dem YouTube-Kanal von auto motor und sport wird der Dacia Spring einem umfassenden Elektroauto-Supertest unterzogen.
Der Elektroauto-Markt wächst stetig, und mit dem Dacia Spring betritt ein besonders günstiges Modell die Bühne. Als kleines Stadtauto mit Elektroantrieb verspricht der Spring eine kostengünstige Möglichkeit, in die Welt der Elektromobilität einzusteigen. Doch kann ein so preisgünstiges Fahrzeug wirklich überzeugen?
- Herkunft und Entwicklung: Ein globales Auto
- Äußeres Erscheinungsbild und Verarbeitung
- Innenraum: Funktional, aber mit Abstrichen
- Antrieb und Leistung: Bescheiden, aber effizient
- Fahrdynamik und Handling: Raum für Verbesserungen
- Verbrauch und Reichweite: Die große Stärke
- Ladegeschwindigkeit und Reisetauglichkeit
- Komfort: Leise, aber nicht geräuschlos
- Bedienung und Ausstattung: Einfach, aber mit Tücken
- Preis-Leistungs-Verhältnis: Günstig, aber mit Kompromissen
- Fazit: Ein Pionier mit Kinderkrankheiten
- AMS YouTube Video zu dem Dacia Spring
Herkunft und Entwicklung: Ein globales Auto
Der Dacia Spring hat eine interessante Entstehungsgeschichte. Obwohl er unter der rumänischen Marke Dacia vertrieben wird, die zum französischen Renault-Konzern gehört, wurde das Fahrzeug ursprünglich für den chinesischen Markt entwickelt. Diese globale Ausrichtung spiegelt sich in einigen Aspekten des Autos wider, sowohl positiv als auch negativ.
Äußeres Erscheinungsbild und Verarbeitung
Auf den ersten Blick macht der Dacia Spring einen kompakten und funktionalen Eindruck. Mit einer Länge von nur 3,73 Metern ist er ideal für den Stadtverkehr konzipiert. Die Karosserieverarbeitung zeigt sich von ihrer besten Seite: Die Spaltmaße sind gleichmäßig, und die Übergänge zwischen den Karosserieteilen sind sauber ausgeführt.
Allerdings fallen bei genauerer Betrachtung einige Schwächen auf. Am Unterboden zeigen sich bereits Spuren von Flugrost, was auf eine nicht optimale Konservierung hindeutet. Die Auskleidung des Unterbodens wirkt eher spartanisch. Im Kofferraum fehlt ein Kantenschutz, was bei häufiger Nutzung zu Lackschäden führen könnte.
Innenraum: Funktional, aber mit Abstrichen
Im Innenraum setzt sich der Eindruck von Funktionalität fort, allerdings mit deutlichen Kompromissen beim Material und Komfort. Die verwendeten Kunststoffe sind durchweg hart und wenig hochwertig. Einige Kanten und Übergänge könnten besser verarbeitet sein, um die Haptik zu verbessern.
Das Platzangebot vorne ist für ein Auto dieser Größe überraschend knapp. Besonders große Fahrer werden Probleme mit der Kopffreiheit haben, da keine Höhenverstellung für den Fahrersitz vorhanden ist. Im Fond wird es noch enger: Erwachsene haben hier kaum ausreichend Platz, und die Sitzposition ist wenig komfortabel.
Der Kofferraum bietet mit 270 Litern (oder 290 Litern, wenn man den Platz unter dem Kofferraumboden mitzählt) ein für diese Fahrzeugklasse akzeptables Volumen. Bei umgeklappten Rücksitzen wächst das Ladevolumen auf beachtliche 1100 Liter.
Antrieb und Leistung: Bescheiden, aber effizient
Der Dacia Spring wird von einem Elektromotor mit einer Leistung von lediglich 33 kW (44 PS) angetrieben. Diese bescheidene Leistung wirkt sich deutlich auf die Fahrdynamik aus. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h dauert über 23 Sekunden, was im modernen Verkehr durchaus als sicherheitsrelevant betrachtet werden kann. Besonders bei Überholvorgängen oder beim Einfädeln auf die Autobahn ist Vorsicht geboten.
Interessanterweise zeigt sich der kleine Motor im Stadtverkehr von seiner besten Seite. Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist er effizient und sparsam, was dem Spring in seinem Haupteinsatzgebiet – der Stadt – zugute kommt.
Fahrdynamik und Handling: Raum für Verbesserungen
Die Fahrdynamik des Dacia Spring offenbart einige Schwächen. Das Fahrwerk ist sehr weich ausgelegt und nur minimal gedämpft, was zu einem schwammigen Fahrverhalten führt. Bei Unebenheiten neigt das Fahrzeug zu starkem Wanken, was besonders in Kurven unangenehm sein kann.
Die Lenkung wurde als besonders kritischer Punkt identifiziert. Sie bietet kaum Rückmeldung von der Straße und hat ein sehr geringes Rückstellmoment. Das bedeutet, dass das Lenkrad nach Kurvenfahrten nicht von selbst in die Geradeausstellung zurückkehrt, was sowohl ungewöhnlich als auch potenziell gefährlich ist.
Im Slalom-Test zeigte der Spring deutliche Schwächen. Das starke Wanken und frühe Untersteuern machen schnelle Richtungswechsel zu einer Herausforderung. Für den alltäglichen Stadtverkehr mag dies weniger relevant sein, auf Landstraßen oder bei höheren Geschwindigkeiten sollten Fahrer jedoch besonders vorsichtig sein.
Verbrauch und Reichweite: Die große Stärke
Trotz der Schwächen in anderen Bereichen glänzt der Dacia Spring beim Verbrauch. Mit einem Testverbrauch von nur 12,9 kWh pro 100 Kilometer ist er außerordentlich sparsam. Besonders im Stadtverkehr zeigt sich der Spring von seiner besten Seite und kann hier Reichweiten von bis zu 300 Kilometern erreichen.
Bei höheren Geschwindigkeiten steigt der Verbrauch allerdings deutlich an. Bei konstant 120 km/h auf der Autobahn sinkt die Reichweite auf etwa 150 Kilometer. Dies ist hauptsächlich auf die nicht optimale Aerodynamik zurückzuführen.
Der Akku des Spring hat eine nutzbare Kapazität von 26,8 kWh. Dies ermöglicht bei durchschnittlichem Verbrauch eine realistische Reichweite von etwa 200 Kilometern. Für den typischen Einsatz als Stadtauto ist dies völlig ausreichend, für längere Strecken sollten Fahrer jedoch sorgfältig planen.
Ladegeschwindigkeit und Reisetauglichkeit
Die Ladegeschwindigkeit des Dacia Spring ist eher moderat. An einer Schnellladestation erreicht er eine Spitzenleistung von 34 kW, die durchschnittliche Ladeleistung liegt bei etwa 28,6 kW. In der Praxis bedeutet dies, dass das Laden von 10% auf 80% Akkustand etwa eine Stunde dauert.
Für Langstreckenfahrten ist der Spring nur bedingt geeignet. Bei einer hypothetischen 800-Kilometer-Fahrt müsste man mit einer Gesamtreisezeit von etwa 11 Stunden rechnen, was deutlich länger ist als bei leistungsfähigeren Elektroautos oder konventionellen Fahrzeugen. Die Kombination aus begrenzter Reichweite und moderater Ladegeschwindigkeit macht Langstreckenfahrten zu einer Herausforderung.
Komfort: Leise, aber nicht geräuschlos
In puncto Fahrkomfort zeigt der Dacia Spring ein gemischtes Bild. Das weiche Fahrwerk filtert zwar kleine Unebenheiten recht gut heraus, bei größeren Hindernissen oder schnellerer Fahrt wird es jedoch unruhig. Die geringe Dämpfung führt zu einem nachschwingenden Verhalten, das auf längeren Fahrten ermüdend sein kann.
Die Geräuschentwicklung ist für ein Elektroauto dieser Preisklasse durchschnittlich. Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist der Spring angenehm leise, mit zunehmender Geschwindigkeit machen sich jedoch Wind- und Fahrgeräusche bemerkbar. Ab etwa 70 km/h ist das Geräuschniveau vergleichbar mit dem eines Diesel-Kleinwagens, bei höheren Geschwindigkeiten sogar lauter.
Bedienung und Ausstattung: Einfach, aber mit Tücken
Die Bedienbarkeit des Dacia Spring ist grundsätzlich einfach gehalten, was für ein Stadtauto durchaus angemessen ist. Das zentrale Display ist gut positioniert und bietet große, leicht zu bedienende Schaltflächen. Die Klimaanlage lässt sich über separate physische Regler steuern, was im Alltag praktisch ist.
Allerdings gibt es einige ergonomische Schwachstellen. Der Bordcomputer wird über einen Knopf hinter dem Lenkrad bedient, was während der Fahrt umständlich sein kann. Einige wichtige Schalter sind tief unten im Fußraum platziert, was die Bedienung erschwert. Das Fehlen einer Klimaautomatik bedeutet, dass der Fahrer die Temperatur manuell nachregeln muss.
In Bezug auf die Elektroauto-spezifischen Funktionen ist der Spring eher spärlich ausgestattet. Es gibt keine integrierte Routenplanung mit Berücksichtigung von Ladestopps, keine Vorkonditionierung des Innenraums und keine Möglichkeit, den Ladestand des Akkus auf einen bestimmten Wert zu begrenzen. Eine App ermöglicht zwar die Fernsteuerung einiger Funktionen, bleibt aber hinter den Möglichkeiten anderer Elektroautos zurück.
Preis-Leistungs-Verhältnis: Günstig, aber mit Kompromissen
Der Dacia Spring positioniert sich als eines der günstigsten Elektroautos auf dem Markt. Mit einem Basispreis von etwas über 20.000 Euro (Stand 2024) ist er deutlich günstiger als viele Konkurrenzmodelle. Allerdings muss man bei diesem Preis auch einige Kompromisse in Kauf nehmen.
Die Verarbeitung, das Platzangebot und die Fahrdynamik entsprechen nicht dem Standard, den man von modernen Kleinwagen gewohnt ist. Auch die Ausstattung fällt im Vergleich zu anderen Elektroautos spärlich aus. Andererseits bietet der Spring mit seinem extrem niedrigen Verbrauch und der guten Eignung für den Stadtverkehr auch echte Vorteile.
Potenzielle Käufer sollten sorgfältig abwägen, ob die Einsparungen beim Kaufpreis die Einschränkungen in anderen Bereichen aufwiegen. Für Fahrer, die hauptsächlich kurze Strecken in der Stadt zurücklegen und wenig Wert auf Komfort und Fahrleistungen legen, könnte der Spring eine interessante Option sein.
Fazit: Ein Pionier mit Kinderkrankheiten
Der Dacia Spring ist in vielerlei Hinsicht ein Pionier. Als eines der ersten wirklich günstigen Elektroautos macht er die Elektromobilität für eine breitere Käuferschicht zugänglich. Seine Stärken liegen eindeutig im Stadtverkehr, wo sein niedriger Verbrauch, die kompakten Abmessungen und die ausreichende Reichweite voll zum Tragen kommen.
Allerdings offenbart der Spring auch deutliche Schwächen, die man nicht allein mit dem günstigen Preis entschuldigen kann. Die Verarbeitung, das Fahrverhalten und die Ausstattung bleiben hinter den Erwartungen zurück, die man heute an ein Neufahrzeug hat – unabhängig vom Antrieb.
Mit einer Gesamtbewertung von 2,6 von 6 möglichen Sternen im Elektroauto-Supertest schneidet der Spring unterdurchschnittlich ab. Dies spiegelt die gemischten Eindrücke wider, die das Fahrzeug hinterlässt. Es ist ein Auto der Extreme – mit herausragenden Stärken in einigen Bereichen und deutlichen Schwächen in anderen.
Für potenzielle Käufer ist der Dacia Spring vor allem dann eine Überlegung wert, wenn der Preis das ausschlaggebende Kriterium ist und das Fahrzeug hauptsächlich im Stadtverkehr eingesetzt werden soll. Für Vielfahrer oder Nutzer, die Wert auf Komfort und Fahrleistungen legen, dürften die Kompromisse jedoch zu groß sein.
Es bleibt abzuwarten, wie Dacia auf die Kritikpunkte reagieren wird. Mit dem für 2024 angekündigten Nachfolgemodell hat der Hersteller die Chance, die Kinderkrankheiten des Spring zu beheben und ein rundum überzeugendes Elektroauto im Niedrigpreissegment anzubieten. Bis dahin bleibt der Dacia Spring ein interessanter, wenn auch nicht perfekter Versuch, Elektromobilität für alle erschwinglich zu machen.
Das aktuelle Elektroauto Supertest Ranking von allen bisherigen Elektroauto Supertests könnt ihr auf der Ranking Seite einsehen und bei Verständnis Fragen euch auch die Bewertungskriterien durchlesen.
AMS YouTube Video zu dem Dacia Spring
Bildquellen
- Dacia Spring Rating Snippet: @Dacia