In der 31sten Episode vom Elektroauto Supertest vom 02. Mai 2024 auf dem YouTube-Kanal von auto motor und sport hat Alex Bloch den Honda e:Ny1 einem umfassenden Supertest unterzogen.
Der Einstieg von Honda in den Markt für elektrische SUVs war mit großer Spannung erwartet worden. Mit dem e:NY1 präsentiert der japanische Autobauer nun sein neuestes Modell auf einer komplett neuen Elektro-Plattform. Doch kann der kompakte Stromer die hohen Erwartungen erfüllen und sich gegen die wachsende Konkurrenz behaupten? Im Elektroauto-Supertest wurde Honda e:NY1 ausführlich getestet und er verrät, wo die Stärken und Schwächen des Elektro-SUVs liegen.
- Ein Design mit Ecken und Kanten
- Überraschendes Raumwunder im Innenraum
- Bedienung: Licht und Schatten
- Antrieb und Fahrleistungen: Solide, aber nicht berauschend
- Fahrwerk: Komfortabel, aber nicht sportlich
- Reichweite und Verbrauch: Licht und Schatten
- Laden: Langsam, aber zuverlässig
- Ausstattung und Assistenzsysteme: Solide, aber nicht herausragend
- Fazit: Solider Stadtflitzer mit Schwächen auf der Langstrecke
- AMS YouTube Video zum Honda e:Ny1
Ein Design mit Ecken und Kanten
Auf den ersten Blick fällt beim Honda e:NY1 das kantige Design auf. Die Karosserie wirkt kompakt und urban, verzichtet aber weitgehend auf aufwendige aerodynamische Details. Das mag manchen Betrachter ansprechen, wirkt sich aber negativ auf die Effizienz aus. Mit einer Länge von knapp 4,40 Metern ordnet sich der e:NY1 im Segment der kompakten SUVs ein. Die Verarbeitungsqualität der Karosserie ist solide, wenn auch nicht überragend. An manchen Stellen fallen ungleichmäßige Spaltmaße auf. Insgesamt macht der e:NY1 aber einen robusten Eindruck, der typisch für Honda ist.
Überraschendes Raumwunder im Innenraum
Betritt man den Innenraum des Honda e:NY1, wird man positiv überrascht. Trotz der kompakten Außenmaße bietet der Elektro-SUV erstaunlich viel Platz. Besonders auf der Rückbank können sich auch größere Passagiere bequem ausstrecken. Der Knieraum ist großzügig bemessen und selbst die Kopffreiheit fällt für diese Fahrzeugklasse überdurchschnittlich aus. Die leicht erhöhte Sitzposition sorgt zudem für einen guten Überblick.
Auch vorne sitzt man angenehm, wenngleich die Verstellmöglichkeiten des Lenkrads etwas eingeschränkt sind. Die Sitze selbst bieten durchschnittlichen Komfort ohne besondere Konturierung. Praktische Ablagen für Kleinigkeiten sind in ausreichender Zahl vorhanden.
Der Kofferraum fasst 361 Liter und lässt sich durch Umklappen der Rücksitzlehne auf knapp 1200 Liter erweitern. Das ist für einen kompakten SUV ein ordentlicher Wert, auch wenn größere Konkurrenten hier noch mehr bieten. Ein Frunk unter der Fronthaube sucht man beim e:NY1 leider vergeblich.
Ein Manko stellt allerdings die begrenzte Zuladung dar. Mit nur 367 kg fällt sie für ein Fahrzeug dieser Größe knapp aus. Vier erwachsene Personen bringen den e:NY1 bereits an die Grenze der zulässigen Zuladung – für zusätzliches Gepäck bleibt dann kaum noch Spielraum.
Bedienung: Licht und Schatten
Bei der Bedienung zeigt der Honda e:NY1 sowohl positive als auch negative Seiten. Erfreulich ist, dass Honda weitgehend auf klassische Bedienelemente setzt. Das Lenkrad kommt mit echten Tasten statt Touch-Flächen aus. Auch die großen Drehregler für die Lüftung sind angenehm zu bedienen.
Der zentrale Touchscreen fällt mit 10,2 Zoll nicht übermäßig groß aus, bietet aber eine übersichtliche Menüführung. Die Darstellung könnte allerdings etwas schärfer sein. Ein Head-up-Display sucht man vergeblich.
Weniger gelungen ist die Bedienung der Fahrstufen. Statt eines klassischen Wählhebels kommen hier vier separate Knöpfe zum Einsatz. Das wirkt unnötig kompliziert und kann gerade Umsteiger anfangs verwirren. Auch die Klimaanlage wird leider über den Touchscreen bedient, was im Fahrbetrieb umständlicher ist als klassische Drehregler.
Die Spracherkennung arbeitet zufriedenstellend, erreicht aber nicht das Niveau der besten Systeme am Markt. Insgesamt ergibt sich bei der Bedienung ein gemischtes Bild – vieles ist gelungen, an manchen Stellen hätte man sich aber eine intuitivere Lösung gewünscht.
Antrieb und Fahrleistungen: Solide, aber nicht berauschend
Unter der Haube des Honda e:NY1 arbeitet ein Elektromotor mit einer Leistung von 150 kW (204 PS). Der Fronttriebler beschleunigt damit in 7,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h – ein ordentlicher, wenn auch nicht berauschender Wert. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 160 km/h abgeregelt.
Im Alltag fühlt sich der e:NY1 durchaus agil an. Der Elektromotor sorgt für einen kräftigen Antritt aus dem Stand und ermöglicht souveräne Überholmanöver. Auf der Autobahn macht sich die begrenzte Höchstgeschwindigkeit allerdings bemerkbar. Wer häufig schnell unterwegs ist, sollte sich nach Alternativen umsehen.
Lobenswert ist das geringe Gewicht des e:NY1. Mit knapp 1,7 Tonnen ist er für einen Elektro-SUV dieser Größe vergleichsweise leicht. Das wirkt sich positiv auf die Agilität und den Verbrauch in der Stadt aus.
Fahrwerk: Komfortabel, aber nicht sportlich
Das Fahrwerk des Honda e:NY1 ist merklich auf Komfort ausgelegt. Die weiche Abstimmung sorgt für ein angenehmes Abrollverhalten auf der Landstraße. Kleinere Unebenheiten werden gut geschluckt. Bei größeren Bodenwellen geht der e:NY1 allerdings spürbar in die Knie und schwingt nach.
In schnell gefahrenen Kurven neigt sich die Karosserie deutlich zur Seite. Sportliche Ambitionen sollte man also nicht hegen. Dafür bewegt sich der kompakte SUV auch auf schlechteren Straßen souverän und komfortabel.
Die Lenkung ist leichtgängig und präzise, vermittelt aber nur wenig Rückmeldung von der Straße. Für den Stadtverkehr ist das angenehm, engagierte Fahrer werden sich aber mehr Direktheit wünschen.
Insgesamt ergibt sich ein ausgewogenes, wenn auch nicht besonders spannendes Fahrgefühl. Der e:NY1 ist ein komfortabler Begleiter für den Alltag, kann fahrdynamisch aber nicht mit den sportlicheren Vertretern der Klasse mithalten.
Reichweite und Verbrauch: Licht und Schatten
Die Reichweite ist für viele Interessenten ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl eines Elektroautos. Hier zeigt der Honda e:NY1 sowohl Stärken als auch Schwächen. Der Akku hat eine Bruttokapazität von 68,8 kWh, wovon netto etwa 61,9 kWh nutzbar sind.
Im WLTP-Zyklus verspricht Honda eine Reichweite von 412 Kilometern. Wie üblich, fällt der reale Wert deutlich niedriger aus. Im gemischten Betrieb sind etwa 310 Kilometer realistisch. Auf der Autobahn sinkt die Reichweite auf etwa 250 Kilometer.
Erfreulich ist der niedrige Verbrauch im Stadtverkehr. Hier profitiert der e:NY1 von seinem geringen Gewicht und kommt auf etwa 15 kWh/100 km. Das ermöglicht theoretisch Reichweiten von fast 400 Kilometern.
Deutlich höher fällt der Verbrauch auf der Autobahn aus. Bei Tempo 130 genehmigt sich der Honda rund 20 kWh/100 km. Das ist für ein Fahrzeug dieser Größe ein recht hoher Wert. Schuld daran ist die wenig windschnittige Karosserie mit einem geschätzten cW-Wert von über 0,32.
Insgesamt ergibt sich beim Verbrauch ein gemischtes Bild. In der Stadt zeigt sich der e:NY1 sparsam, auf der Autobahn fällt er dagegen deutlich ab. Für den typischen Stadtverkehr und gelegentliche Überlandfahrten reicht die Reichweite aber völlig aus.
Laden: Langsam, aber zuverlässig
Bei der Ladegeschwindigkeit kann der Honda e:NY1 leider nicht mit der Konkurrenz mithalten. Die maximale Ladeleistung an Schnellladesäulen beträgt lediglich 78 kW. Das ist für ein Elektroauto dieser Größenordnung und Preisklasse enttäuschend niedrig.
In der Praxis bedeutet das lange Ladezeiten. Von 10 auf 80 Prozent dauert es etwa 41 Minuten. Konkurrenten in dieser Klasse schaffen das teilweise in der Hälfte der Zeit. Für die ersten 100 Kilometer Reichweite muss man etwa 19 Minuten einplanen.
Positiv fällt auf, dass die Ladekurve sehr konstant verläuft. Die maximale Leistung wird über einen weiten Bereich gehalten. Das macht die Ladezeiten zumindest gut planbar. Zudem dürfte sich die schonende Ladestrategie positiv auf die Haltbarkeit des Akkus auswirken.
Für Vielfahrer und häufige Langstreckennutzer ist die niedrige Ladeleistung aber ein klarer Nachteil. Auf längeren Reisen summieren sich die Ladezeiten spürbar. Wer oft weitere Strecken zurücklegt, sollte sich nach Alternativen mit höherer Ladeleistung umsehen.
Ausstattung und Assistenzsysteme: Solide, aber nicht herausragend
Bei der Ausstattung bietet der Honda e:NY1 ein solides, wenn auch nicht überragendes Paket. Zur Serienausstattung gehören LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, Navigationssystem und diverse Fahrerassistenzsysteme.
Der adaptive Tempomat arbeitet zuverlässig, reagiert aber etwas träge auf Geschwindigkeitsänderungen. Der Spurhalteassistent greift manchmal etwas ruppig ein und neigt zu aufdringlichen akustischen Warnungen. Eine Verkehrszeichenerkennung ist vorhanden, arbeitet aber nicht immer zuverlässig.
Vermissen wird man ein Head-up-Display und eine Wärmepumpe. Letztere wäre gerade im Winter hilfreich, um die Reichweite zu optimieren. Auch eine Routenplanung mit automatischer Ladestopps sucht man vergeblich – ein echtes Manko für längere Reisen.
Insgesamt bietet der e:NY1 eine zweckmäßige Ausstattung für den Alltag. Im Vergleich zu manchen Konkurrenten fehlen aber einige Komfort- und Assistenzfunktionen der neuesten Generation.
Fazit: Solider Stadtflitzer mit Schwächen auf der Langstrecke
Der Honda e:NY1 hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits überzeugt er mit einem erstaunlich geräumigen Innenraum, niedrigem Verbrauch in der Stadt und einer soliden Verarbeitung. Das geringe Gewicht und die kompakten Abmessungen machen ihn zu einem agilen Begleiter im urbanen Umfeld.
Andererseits offenbart der kompakte Elektro-SUV deutliche Schwächen auf der Langstrecke. Die niedrige Ladeleistung und der hohe Autobahnverbrauch schmälern die Reisetauglichkeit erheblich. Auch bei der Ausstattung und den Assistenzsystemen bleibt der e:NY1 hinter den besten Vertretern seiner Klasse zurück.
Preislich positioniert sich der Honda nach einer deutlichen Senkung nun attraktiver. Mit einem Einstiegspreis von knapp 39.000 Euro bietet er ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis für Käufer, die primär in der Stadt unterwegs sind und gelegentlich Überlandfahrten unternehmen.
Für wen eignet sich der Honda e:NY1 also? Er ist eine interessante Option für umweltbewusste Stadtbewohner, die ein geräumiges und sparsames Elektroauto für den Alltag suchen. Pendler mit überschaubaren Tagesstrecken und der Möglichkeit zum Laden zu Hause oder am Arbeitsplatz können seine Stärken voll ausspielen.
Wer dagegen häufig lange Strecken zurücklegt oder Wert auf die neuesten Assistenzsysteme legt, sollte sich nach Alternativen umsehen. Hier bieten einige Konkurrenten mittlerweile ausgewogenere Gesamtpakete.
Insgesamt ist der Honda e:NY1 ein solider erster Aufschlag von Honda im wachsenden Segment der kompakten Elektro-SUVs. Er hat durchaus seine Stärken, kann aber (noch) nicht in allen Bereichen mit der etablierten Konkurrenz mithalten. Es bleibt spannend zu sehen, wie Honda das Modell in Zukunft weiterentwickeln wird.
Das aktuelle Elektroauto Supertest Ranking von allen bisherigen Elektroauto Supertests könnt ihr auf der Ranking Seite einsehen und bei Verständnis Fragen euch auch die Bewertungskriterien durchlesen.
AMS YouTube Video zum Honda e:Ny1
Bildquellen
- Honda eny1: @Honda