In der 19ten Episode vom Elektroauto Supertest vom 07. Dezember 2022 auf dem YouTube-Kanal von auto motor und sport wird der MG Marvel R einem umfassenden Elektroauto-Supertest unterzogen.
Der chinesische Automobilhersteller MG Motor wagt sich mit dem Marvel R Electric auf den hart umkämpften Markt der Elektro-SUVs.
- Erster Eindruck: Ansprechendes Design mit kleinen Schönheitsfehlern
- Innenraum: Hochwertig, aber mit Luft nach oben
- Raumangebot: Durchschnittlich für seine Klasse
- Antrieb und Leistung: Komplexe Technik mit Optimierungsbedarf
- Fahrverhalten und Komfort: Solide, aber mit Verbesserungspotenzial
- Effizienz und Reichweite: Durchschnittliche Leistung mit Luft nach oben
- Ladegeschwindigkeit: Solide, aber nicht bahnbrechend
- Bedienung und Infotainment: Licht und Schatten
- Assistenzsysteme: Funktional, aber verbesserungswürdig
- Fazit: Ein vielversprechendes Elektro-SUV mit Verbesserungspotenzial
- AMS YouTube Video zu dem MG Marvel R
Erster Eindruck: Ansprechendes Design mit kleinen Schönheitsfehlern
Auf den ersten Blick macht der MG Marvel R Electric einen durchaus positiven Eindruck. Das moderne SUV-Design wirkt zeitgemäß und sportlich. Bei genauerer Betrachtung fallen jedoch einige Ungenauigkeiten auf, die auf Verbesserungspotenzial in der Produktion hinweisen. So sitzt beispielsweise das Markenlogo an Front und Heck nicht ganz gerade, was bei einem Fahrzeug dieser Preisklasse nicht sein sollte.
Die Spaltmaße sind größtenteils sauber und gleichmäßig, was für eine grundsätzlich gute Verarbeitungsqualität spricht. Allerdings gibt es auch hier noch Raum für Verbesserungen, insbesondere bei den Übergängen zwischen verschiedenen Materialien wie Kunststoff und Metall.
Innenraum: Hochwertig, aber mit Luft nach oben
Im Innenraum setzt sich der zwiespältige Eindruck fort. Auf den ersten Blick präsentiert sich das Interieur durchaus hochwertig, mit zahlreichen weichen Oberflächen und sorgfältig verarbeiteten Nähten. Bei genauerer Betrachtung fallen jedoch einige Bereiche auf, in denen MG noch nachbessern könnte.
So finden sich an einigen Stellen, wie etwa im oberen Bereich des Armaturenbretts, unnötig komplizierte Übergänge zwischen verschiedenen Materialien, die zu wellenförmigen Verformungen führen können. Auch der Einsatz von hartem Kunststoff in bestimmten Bereichen wirkt in dieser Preisklasse nicht angemessen.
Trotz dieser Kritikpunkte bietet der Innenraum des Marvel R Electric insgesamt ein angenehmes Ambiente und liegt qualitativ auf einem ähnlichen Niveau wie vergleichbare Modelle von Tesla.
Raumangebot: Durchschnittlich für seine Klasse
In Sachen Raumangebot kann der MG Marvel R Electric nicht vollständig überzeugen. Trotz seiner stattlichen Außenmaße von fast 4,70 Metern Länge fällt der Innenraum vergleichsweise kompakt aus. Im Fond ist die Kopffreiheit für größere Personen etwas eingeschränkt, was bei einem SUV dieser Größenordnung überrascht.
Auch das Kofferraumvolumen von 357 Litern im Standardzustand fällt eher bescheiden aus. Zum Vergleich: Konkurrenzmodelle wie der VW ID.4 bieten hier deutlich mehr Stauraum. Immerhin lässt sich durch Umklappen der Rücksitzbank das Volumen auf 1.396 Liter erweitern.
Ein positiver Aspekt ist die Anhängelast von bis zu 1.600 kg, die für ein Elektrofahrzeug dieser Klasse durchaus beachtlich ist und dem Marvel R eine gewisse Vielseitigkeit verleiht.
Antrieb und Leistung: Komplexe Technik mit Optimierungsbedarf
Der MG Marvel R Electric verfügt über einen interessanten, wenn auch komplexen Antriebsstrang. Mit drei Elektromotoren – einem an der Vorderachse und zwei an der Hinterachse – sowie einem Zweigang-Getriebe an der Hinterachse, setzt MG auf eine aufwändige technische Lösung. Diese Konfiguration ermöglicht zwar eine Systemleistung von 288 PS, wirft aber auch Fragen bezüglich der Effizienz auf.
In der Praxis zeigt sich, dass die Leistungsentfaltung stark vom Ladezustand der Batterie abhängt. Bei einem Akkustand von unter 50% wird die verfügbare Leistung bereits deutlich reduziert, was sich negativ auf die Beschleunigung auswirkt. Statt der vom Werk angegebenen 4,9 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h wurden im Test bei niedrigerem Akkustand Werte von 8,6 bis 8,8 Sekunden gemessen.
Diese starke Leistungsreduzierung bei mittleren Akkuladungen ist ein Aspekt, den MG unbedingt verbessern sollte, um ein konsistenteres Fahrerlebnis zu gewährleisten.
Fahrverhalten und Komfort: Solide, aber mit Verbesserungspotenzial
Das Fahrverhalten des Marvel R Electric kann als solide, wenn auch nicht überragend bezeichnet werden. Die Einzelradaufhängung an allen vier Rädern und die Mehrlenker-Hinterachse bilden eine gute technische Basis. Allerdings zeigt das Fahrwerk Schwächen beim Ansprechverhalten, insbesondere bei kleinen Unebenheiten.
Die grundsätzliche Abstimmung tendiert eher in Richtung Komfort, was für ein Familien-SUV durchaus angemessen ist. Allerdings wirkt das Fahrverhalten bei schnellen Lastwechseln oder auf schlechten Straßen teilweise etwas unharmonisch. Hier könnte eine Überarbeitung der Dämpferabstimmung und der Federelemente zu spürbaren Verbesserungen führen.
In Sachen Geräuschkomfort schneidet der Marvel R Electric bei niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten gut ab. Bei höheren Tempi machen sich jedoch verstärkt Windgeräusche bemerkbar, was auf Optimierungspotenzial in der Aerodynamik hinweist.
Effizienz und Reichweite: Durchschnittliche Leistung mit Luft nach oben
In puncto Effizienz zeigt der MG Marvel R Electric eine durchschnittliche Performance. Im Eco-Modus, der eine Mischung aus Stadt-, Land- und Autobahnfahrten simuliert, liegt der Verbrauch bei akzeptablen 15,8 kWh/100 km. Auf der Autobahn steigt der Verbrauch jedoch deutlich an und erreicht bei Tempo 130 km/h etwa 27 kWh/100 km.
Diese Werte deuten auf Verbesserungspotenzial in der Aerodynamik hin. Der geschätzte cW-Wert von etwa 0,31 liegt über dem, was moderne Elektro-SUVs erreichen können. Hier könnte MG durch Optimierungen wie eine aktive Kühlluftregelung, einen verbesserten Unterboden und aerodynamisch optimierte Felgen noch einiges herausholen.
Die nutzbare Batteriekapazität von 65 kWh ermöglicht je nach Fahrweise eine Reichweite zwischen 295 km (Autobahnfahrt) und 410 km (Eco-Modus). Im Alltagstest ergab sich eine durchschnittliche Reichweite von etwa 305 km. Diese Werte sind für ein modernes Elektro-SUV zwar akzeptabel, lassen aber noch Raum für Verbesserungen.
Ladegeschwindigkeit: Solide, aber nicht bahnbrechend
Bei der Ladegeschwindigkeit zeigt der Marvel R Electric eine solide, wenn auch nicht herausragende Performance. Die maximale Ladeleistung von 94 kW (laut Werksangabe) bzw. 86 kW (im Test gemessen) ist für ein Elektrofahrzeug der aktuellen Generation eher durchschnittlich.
Positiv zu vermerken ist, dass der Marvel R über eine Batterievorkonditionierung verfügt, was besonders bei kalten Temperaturen von Vorteil ist. Die Ladekurve zeigt ein langes Plateau bei der Maximalleistung, bevor sie ab etwa 48% Ladestand stufenweise abfällt.
Für eine Ladung von 10% auf 80% benötigt das Fahrzeug etwa 38 Minuten. Pro 100 km Reichweite muss man im Durchschnitt mit einer Ladezeit von etwa 18 Minuten rechnen. Diese Werte sind zwar akzeptabel, bleiben aber hinter den Bestwerten der Konkurrenz zurück.
Interessanterweise zeigt der Marvel R bei hohen Ladeständen noch vergleichsweise gute Ladeleistungen. Mit einer optimierten Ladestrategie, insbesondere bei niedrigen Akkuständen, könnte MG hier noch deutliche Verbesserungen erzielen.
Bedienung und Infotainment: Licht und Schatten
Das Bedienkonzept des MG Marvel R Electric zeigt sowohl Stärken als auch Schwächen. Positiv fallen die gut positionierten und haptisch angenehmen physischen Tasten auf dem Lenkrad und an der Mittelkonsole auf. Auch die Spiegelverstellung und der Gangwahlhebel sind intuitiv bedienbar.
Der große 19,4-Zoll-Touchscreen dominiert das Armaturenbrett und bietet eine gute Übersicht. Allerdings ist die Positionierung nicht optimal – eine leichte Neigung zum Fahrer und eine höhere Platzierung wären ergonomischer.
Die Benutzeroberfläche des Infotainment-Systems zeigt noch deutliches Verbesserungspotenzial. Zwar sind die großen Kacheln auf dem Bildschirm gut zu bedienen, doch die Menüstruktur wirkt teilweise unlogisch und die Reaktionszeiten des Systems schwanken stark. Auch die Beschriftungen und Übersetzungen im Menü wirken oft unbeholfen und unprofessionell.
Ein gravierender Mangel ist das Fehlen einer integrierten Routenplanung mit Ladestopps. Für längere Reisen mit dem Elektrofahrzeug ist dies ein entscheidender Nachteil, der dringend behoben werden sollte.
Assistenzsysteme: Funktional, aber verbesserungswürdig
Der Marvel R Electric verfügt über eine Reihe moderner Fahrerassistenzsysteme, darunter adaptive Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent und Totwinkelwarner. In der Praxis zeigen diese Systeme jedoch noch Optimierungsbedarf.
Besonders der Spurhalteassistent fällt negativ auf. Er reagiert oft zu sensibel und greift teilweise zu stark in die Lenkung ein, was als störend empfunden werden kann. Dies führt dazu, dass Fahrer geneigt sind, das System auszuschalten, was dem Sicherheitsgedanken zuwiderläuft.
Fazit: Ein vielversprechendes Elektro-SUV mit Verbesserungspotenzial
Der MG Marvel R Electric hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits präsentiert er sich als modernes und gut ausgestattetes Elektro-SUV mit attraktivem Design und solider Grundsubstanz. Andererseits offenbart er in vielen Bereichen noch deutliches Verbesserungspotenzial.
Zu den Stärken des Fahrzeugs gehören das ansprechende Äußere, der grundsätzlich hochwertige Innenraum und die gute Ausstattung. Auch die Anhängelast und die solide Reichweite sind positiv zu vermerken.
Demgegenüber stehen Schwächen wie die teilweise inkonsistente Verarbeitungsqualität, das durchschnittliche Platzangebot, die komplexe und nicht immer effiziente Antriebstechnik sowie die verbesserungswürdige Software des Infotainmentsystems.
In der Gesamtbewertung erreicht der MG Marvel R Electric 3,35 von 6 möglichen Sternen. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass das Fahrzeug in vielen Bereichen solide, aber nicht herausragende Leistungen zeigt.
Interessanterweise zeigt eine Analyse des Potenzials, dass bei konsequenter Weiterentwicklung und Optimierung eine Bewertung von bis zu 4 Sternen möglich wäre. Dies unterstreicht, dass MG mit dem Marvel R Electric eine gute Basis geschaffen hat, auf der sich aufbauen lässt.
Für Käufer, die ein modernes Elektro-SUV suchen und bereit sind, über kleinere Schwächen hinwegzusehen, könnte der MG Marvel R Electric eine interessante Option darstellen. Insbesondere wenn MG die aufgezeigten Verbesserungspotenziale in zukünftigen Updates oder Modellpflegen adressiert, könnte sich der Marvel R zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten in seinem Segment entwickeln.
Letztendlich zeigt der MG Marvel R Electric, dass chinesische Hersteller zunehmend in der Lage sind, konkurrenzfähige Elektrofahrzeuge für den europäischen Markt zu produzieren. Mit weiteren Verfeinerungen und Optimierungen könnte MG in Zukunft eine wichtige Rolle im wachsenden Markt der Elektromobilität spielen.
Das aktuelle Elektroauto Supertest Ranking von allen bisherigen Elektroauto Supertests könnt ihr auf der Ranking Seite einsehen und bei Verständnis Fragen euch auch die Bewertungskriterien durchlesen.
AMS YouTube Video zu dem MG Marvel R
Bildquellen
- MG Marvel R Rating Snippet: @MG