In der ersten Episode vom Elektroauto Supertest vom 23. Dezember 2020 auf dem YouTube-Kanal von auto motor und sport unterzieht Alexander Bloch den Volkswagen ID.3 First Edition einem umfassenden Supertest.
Der VW ID.3 gilt als Hoffnungsträger der deutschen Automobilindustrie im Bereich der Elektromobilität. Als erstes Modell der neuen ID-Familie von Volkswagen soll er den Weg in eine elektrische Zukunft ebnen. Doch kann der Kompaktwagen die hohen Erwartungen erfüllen?
- Raumangebot und Praktikabilität: Kompakt außen, geräumig innen
- Qualität und Verarbeitung: Solide, aber mit Luft nach oben
- Antrieb und Fahrleistungen: Spritzig in der Stadt, souverän auf der Langstrecke
- Reichweite und Verbrauch: Effizient, aber mit Einschränkungen
- Ladegeschwindigkeit: Ausbaufähig für Langstrecken
- Bedienung und Infotainment: Gewöhnungsbedürftig, aber lernfähig
- Assistenzsysteme und Sicherheit: Auf aktuellem Niveau
- Komfort und Geräuschniveau: Eine Stärke des ID.3
- Preis und Ausstattung: Nicht billig, aber konkurrenzfähig
- Fazit: Solider Einstieg in die Elektromobilität mit Potenzial
- AMS YouTube Video zu dem Volkswagen ID.3
Raumangebot und Praktikabilität: Kompakt außen, geräumig innen
Der VW ID.3 überrascht mit seinen Platzverhältnissen. Mit einer Länge von 4,26 Metern und einer Breite von 1,81 Metern bewegt er sich in klassischen Kompaktwagen-Dimensionen. Doch dank des langen Radstands von 2,77 Metern und der cleveren Raumaufteilung der Elektro-Plattform bietet er im Innenraum deutlich mehr Platz als man von außen vermuten würde.
Im Fond finden selbst großgewachsene Personen ausreichend Bein- und Kopffreiheit. Der Kofferraum fasst 385 Liter und lässt sich durch Umklappen der Rücksitzbank auf über 1200 Liter erweitern. Zwar bieten einige Konkurrenten in dieser Klasse noch etwas mehr Stauraum, für den Alltag reicht das Platzangebot des ID.3 aber völlig aus.
Qualität und Verarbeitung: Solide, aber mit Luft nach oben
Bei der Verarbeitungsqualität zeigt der ID.3 Licht und Schatten. Die Karosserie macht einen soliden Eindruck, Spaltmaße und Lackqualität bewegen sich im guten Durchschnitt. Im Innenraum dominieren allerdings harte Kunststoffe, was dem Premiumanspruch nicht ganz gerecht wird. Die Materialanmutung wirkt teilweise etwas billig für ein Auto dieser Preisklasse.
Die Verarbeitung an sich ist ordentlich, es knarzt und klappert nichts. Dennoch fehlt es dem Interieur an Finesse und hochwertigen Details, die man bei einem Preis von 40.000 Euro aufwärts durchaus erwarten könnte. Hier macht sich bemerkbar, dass VW Kosten sparen musste, um den ID.3 zu einem wettbewerbsfähigen Preis anbieten zu können.
Antrieb und Fahrleistungen: Spritzig in der Stadt, souverän auf der Langstrecke
Der Elektromotor des getesteten ID.3 First Edition leistet 150 kW (204 PS) und treibt die Hinterräder an. Das sorgt für einen niedrigen Wendekreis und gute Traktion. In der Stadt sprintet der ID.3 spritzig von Ampel zu Ampel, die Beschleunigung ist linear und kräftig. Den Sprint von 0 auf 100 km/h absolviert er in 7,3 Sekunden.
Auf der Autobahn verliert der Vortrieb etwas an Nachdruck, für zügiges Reisen reicht die Leistung aber völlig aus. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 160 km/h begrenzt. Das Fahrwerk ist komfortabel abgestimmt und schluckt Unebenheiten souverän weg. In Kurven neigt sich die Karosserie zwar etwas, bleibt aber gut beherrschbar. Für ein sportliches Fahrgefühl ist der ID.3 nicht konzipiert, er überzeugt vielmehr durch entspanntes Gleiten.
Reichweite und Verbrauch: Effizient, aber mit Einschränkungen
Die 58 kWh große Batterie des ID.3 First Edition soll laut Herstellerangaben für eine Reichweite von bis zu 420 Kilometern gut sein. In der Praxis sind bei gemischter Fahrweise eher 300-350 Kilometer realistisch. Der Verbrauch liegt bei zurückhaltender Fahrweise bei etwa 15-16 kWh/100 km, was für ein Elektroauto dieser Größe ein guter Wert ist.
Auf der Autobahn steigt der Verbrauch allerdings deutlich an. Bei Tempo 120 km/h sind es bereits über 20 kWh/100 km, was die Reichweite auf etwa 275 Kilometer schrumpfen lässt. Wer häufig längere Strecken fährt, sollte das bei der Routenplanung berücksichtigen. Im Stadtverkehr zeigt sich der ID.3 dagegen von seiner effizienten Seite und profitiert von der starken Rekuperation.
Ladegeschwindigkeit: Ausbaufähig für Langstrecken
An Schnellladesäulen kann der ID.3 First Edition theoretisch mit bis zu 100 kW laden. In der Praxis werden diese Werte aber selten erreicht. Bei einem Test an einer 350 kW Ionity-Ladesäule lag die Spitzenladeleistung bei nur 71 kW. Im Durchschnitt über einen Ladevorgang von 18% auf 80% waren es sogar nur 55 kW.
Das führt zu relativ langen Ladezeiten auf Langstrecken. Für eine 800 km lange Fahrt benötigt der ID.3 inklusive Ladestopps etwa 10 Stunden – deutlich länger als vergleichbare Elektroautos wie das Tesla Model 3. Hier muss VW noch nachbessern, um den ID.3 langstreckentauglicher zu machen. Für die alltägliche Nutzung mit Laden über Nacht reicht die Ladegeschwindigkeit aber völlig aus.
Bedienung und Infotainment: Gewöhnungsbedürftig, aber lernfähig
Das Bedienkonzept des ID.3 polarisiert. VW setzt stark auf Touchscreens und berührungsempfindliche Flächen, was nicht jedem gefallen wird. Der zentrale 10-Zoll-Touchscreen reagiert flott, die Menüführung ist aber teilweise unübersichtlich und erfordert Eingewöhnung. Positiv fallen die großen Kacheln für wichtige Funktionen auf.
Die Sprachsteuerung funktioniert ordentlich, kann aber nicht mit den besten Systemen am Markt mithalten. Das Head-up-Display mit Augmented Reality-Funktion für die Navigation ist ein echtes Highlight und sehr hilfreich. Insgesamt wirkt das Infotainment-System aber noch nicht ganz ausgereift und könnte intuitiver sein.
Ein Ärgernis sind die nicht beleuchteten Touch-Flächen für Klimaanlage und Lautstärke unterhalb des Bildschirms. Sie sind im Dunkeln schlecht zu bedienen. Hier wären klassische Drehregler die bessere Wahl gewesen. VW hat aber bereits Verbesserungen durch Software-Updates angekündigt.
Assistenzsysteme und Sicherheit: Auf aktuellem Niveau
In Sachen Sicherheit und Assistenzsysteme ist der ID.3 auf der Höhe der Zeit. Er bietet unter anderem einen adaptiven Tempomat mit Stop&Go-Funktion, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung und Notbremsassistent. Die Systeme arbeiten zuverlässig und unterstützen den Fahrer, ohne aufdringlich zu wirken.
Die Rekuperation lässt sich in mehreren Stufen einstellen, ein echtes One-Pedal-Driving wie bei manchen Konkurrenten ist aber nicht möglich. Das Bremssystem mit Trommelbremsen an der Hinterachse mag auf den ersten Blick antiquiert wirken, funktioniert in der Praxis aber tadellos. Die Bremswege sind kurz und die Dosierbarkeit gut.
Komfort und Geräuschniveau: Eine Stärke des ID.3
Beim Fahrkomfort kann der ID.3 punkten. Das Fahrwerk federt Unebenheiten souverän ab, ohne dabei schwammig zu wirken. Auch die Geräuschdämmung überzeugt. Bei 100 km/h wurden nur 67 Dezibel gemessen, was für diese Fahrzeugklasse ein sehr guter Wert ist. Wind- und Abrollgeräusche dringen nur gedämpft ins Interieur.
Die Sitze bieten guten Halt und lassen sich vielfältig einstellen. Auf Langstrecken sitzt man bequem, lediglich die fehlende Lendenwirbelstütze in der Basisausstattung ist zu kritisieren. Die Klimaanlage arbeitet effektiv und leise, die optionale Wärmepumpe erhöht die Effizienz bei niedrigen Temperaturen.
Preis und Ausstattung: Nicht billig, aber konkurrenzfähig
Der VW ID.3 ist kein Schnäppchen, bewegt sich preislich aber im Rahmen des Segments. Die Basisversion startet bei rund 39.000 Euro, gut ausgestattete Varianten kosten über 45.000 Euro. Abzüglich der Elektroauto-Förderung ergeben sich Preise zwischen 30.000 und 40.000 Euro.
Die Ausstattung ist ordentlich, einige wünschenswerte Features wie die Wärmepumpe oder das größere Navigationssystem kosten aber Aufpreis. Im Vergleich zu manchem Konkurrenten wirkt das Preis-Leistungs-Verhältnis etwas weniger attraktiv. VW profitiert hier von seinem starken Markennamen.
Fazit: Solider Einstieg in die Elektromobilität mit Potenzial
Der VW ID.3 ist ein grundsolides Elektroauto, das viele Käufer ansprechen dürfte. Er bietet ein gutes Raumangebot, angenehmen Fahrkomfort und überzeugende Fahrleistungen im Alltag. Die Effizienz ist ordentlich, auch wenn sie auf der Autobahn nachlässt.
Schwächen zeigen sich bei der Materialanmutung im Innenraum, der teilweise gewöhnungsbedürftigen Bedienung und der ausbaufähigen Ladegeschwindigkeit auf Langstrecken. Hier muss VW noch nachbessern, um mit der Konkurrenz gleichzuziehen.
Insgesamt erhält der VW ID.3 im Test 3,4 von 6 möglichen Sternen. Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinen, ist für eine absolute Bewertung aber ein ordentliches Ergebnis. Für viele Käufer dürfte der ID.3 eine interessante Option darstellen, vor allem wenn sie einen alltagstauglichen Elektro-Kompaktwagen mit VW-Genen suchen.
Mit weiteren Software-Updates und Verbesserungen hat der ID.3 das Potenzial, sich zu einem echten Bestseller zu entwickeln. Er ist ein wichtiger erster Schritt von VW in die elektrische Zukunft, auch wenn er noch nicht in allen Bereichen Klassenbestwerte setzt.
Das aktuelle Elektroauto Supertest Ranking von allen bisherigen Elektroauto Supertests könnt ihr auf der Ranking Seite einsehen und bei Verständnis Fragen euch auch die Bewertungskriterien durchlesen.
AMS YouTube Video zu dem Volkswagen ID.3
Bildquellen
- Volkswagen ID.3 Rating Snippet: @Volkswagen